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Die “Wo Lang Konferenz”

Eine Konferenz ohne WLAN und twitter-Hashtag, dafür oder vielleicht deswegen mit guter inhaltlicher Tiefe war die “Wo lang Konferenz” vom 26.- 28. Mai an der Alanus Hochschule in Bonn. Organisiert von Studenten trug die Veranstaltung den Untertitel “Wie kommt das Neue in Welt” und behandelte sehr aktuelle gesellschaftliche Themen wie die Frage nach dem bedingungslosem Grundeinkommen, direkter Demokratie und der Rolle von Kunst im Kontext großer globaler Herausforderungen. Mehr zur Konferenz findet man hier: https://wolangkonferenz.org.

Es ist an der Zeit

Am meisten beeindruckt hat mich auf der Veranstaltung der sehr tiefgründige Vortrag des Joseph Beuys Schülers Johannes Stüttgen. Ausgehend vom Titel “Wo lang” kam Stüttgen zu dem Punkt “es sei an der Zeit”. Etwas ist an der Zeit. Er führte aus, das wir als Menschen und Gesellschaft Dinge und Notwendigkeiten auch fühlen und im Herzen spüren können. Wir merken, wenn etwas nicht mehr stimmig und ganzheitlich ist. Wenn es an der Zeit ist, etwas zu verändern und zu unternehmen. Zeit ist dabei die Messgröße, die uns als Ich ins Universum verortet. Die Zeit scheint uns zu fragen:

1) Wozu bin ich hier? Diese Frage richte ich an mich selbst.
2) Was will die Erde von mir? Diese Frage richtet die Welt an mich.
3) Was will der Andere von mir? Diese Frage stellen wir uns von Mensch zu Mensch gegenseitig.

Was mich an den Ausführungen berührt hat war der Aspekt, das wir uns Fragen stellen dürfen ohne sofort den Experten- und Beraterkoffer mit Lösungen dabei zu haben. Für einige scheint dieser Aspekt trivial und alltäglich, ich erlebe seit 16 Jahren in meinem Job, das wir immer schnell Lösungen und Modelle und Ansätze brauchen. Wir nehmen uns keine Zeit mehr, Dinge zu reflektieren, zu hinterfragen und bewusst behutsam nach Lösungen zu suchen. Schnell ein Template, ein bisschen Design Thinking und ein netter Workshop – schwups, Frage beantwortet. Ich würde hier mal den Begriff Workshop-Mentalität in den Raum stellen, wenn aus einer Notwendigkeit zur Veränderung eine Not wird und wir in Aktionismus verfallen. Mehr noch, wir haben als Gesellschaft viele Probleme zu lösen und was genau der Auftrag ist, ist Teil des Auftrags. Wir müssen herausfinden, “wo lang” wir gehen wollen. Die Lösung ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen müssen.

Sinn und Gestaltung

Folgerichtig kommen wir dann auch zur Frage nach Sinnhaftigkeit, denn ohne Sinn finden wir den richtigen Weg nicht. Und hier kam Stüttgens Kunst-Begriff zum Tragen, den er als reines “Sein” beschreibt, losgelöst von Ideologien, Restriktionen und Abhängigkeiten. Nur wer zu sich kommt, kann nach außen gestaltend wirken. Und nur dann können wir die Gesellschaft gestalten. Und nur dann kommt das Neue in die Welt.